Pforzheim - Dobel - 25 Km - 03.10.2017

Goldene Oktobertage hat der Wetterbericht versprochen, das ist die Gelegenheit nochmals bei schönem warmem Wetter die Natur zu genießen. Doch was tun? Meine Frau hat Fieber und muss sich ans Bett halten. Also werde ich alleine auf Tour gehen, radfahren oder wandern ? und wohin ? Wenn ich so unentschlossen bin, schaue ich mir gerne die Landkarte am Computer an, zoome hier hin und dort hin, bis mich irgendetwas begeistert. Zunächst favorisiere ich eine Radtour nach Straßburg. Da müsste ich mit dem Zug oder Auto nach Rastatt oder Baden-Baden, weil es von zu Hause zu weit ist. So ganz überzeugt bin ich nicht. Außerdem möchte ich gerne fotografieren, also wäre eine Wanderung besser. Pfälzer Wald ? Ach nein. Hey, jetzt habe ich es, der Westweg. Wollte ich ja schon lange mal laufen. Ich recherchiere und entschließe mich die 1. Etappe von Pforzheim nach Dobel zu wandern. In einer Stunde kann ich mit dem Auto am Startpunkt sein und von Dobel schön mit dem Bus wieder zurückfahren. Wieder mal perfekt herausgearbeitet, später dazu mehr. Allerdings ist es nun schon etwas spät und es sind 25 Kilometer zu bewältigen. Was solls, ich richte zwei Brötchen, Banane, Apfel und eine Flasche Wasser, Kamera, lade noch geschwind die Tour aufs Handy und los geht’s. Um kurz vor 12 stehe ich an der Goldenen Pforte am Kupferhammer, dem Beginn des Westweges.



Die zwei Damen waren allerdings gerade nicht anwesend. Schade eigentlich. Der Wanderweg ist durchgehend markiert mit einer roten Raute. Es dauert ca. 1 Stunde bis ich beim Wandern angekommen bin, meinen Rhythmus gefunden habe und meinen Gedanken freien Lauf lassen kann. Bis Neuenbürg ist die Strecke flach, läuft an der Enz entlang, das Rauschen des Flüsschens lässt einem zur Ruhe kommen, das monotone Geräusch der Tritte auf dem Waldboden tut sein Übriges. Bei Neuenbürg gibt es im Wanderheim oder im Schloß Möglichkeiten zur Einkehr, allerdings nutze ich diese nicht, esse meine Brötchen und möchte gerne meinen Tritt beibehalten. Ich komme durch das Städtchen, hole mir einen Kaffee zum Mitnehmen und wandere weiter. Nun geht es steil bergauf, aber die Mühe lohnt sich, bei Straubenhardt an der Schwanner Warte ist die Aussicht grandios. Auch hier nutze ich die Gelegenheit nicht, eine Pause zu machen, um die Landschaft zu genießen, der Spaßfaktor liegt heute eindeutig an der Bewegung. Ich habe schon mehr als die Hälfte hinter mir und bin kein bisschen müde. Mit schnellem Schritt geht’s vom Rand des Waldes in diesen hinein, immer weiter der roten Raute folgend. Hin- und wieder kommen Schilder mit Orts- und Kilometerangaben, verlaufen ist fast unmöglich. Doch plötzlich kommt der Hinweis „Westweg – neue Streckenführung beachten“. Die rote Raute bleibt zwar vorhanden, allerdings fehlt nun Dobel auf den Schildern. Ich verlasse den Wald bei Dennach und komme auf einen Parkplatz, auch hier wieder der Hinweis und kein Dobel auf den Schildern, mit der roten Raute. Auf den Schildern mit der gelben Raute ist Dobel durchgestrichen. Was ist, wenn die neue Streckenführung nun nicht durch Dobel läuft ? Dann irre ich womöglich tagelang im schwarzen Wald umher. Ein Paar kommt lächelnd auf mich zu und fragt ob ich Westwegwanderer bin und ob sie helfen können, hier stehen immer mal wieder ratlose Wanderer unschlüssig herum. Sehr nett von den beiden. Sie sind ortsansässig und erzählen mir, dass aufgrund des Baus einer Windkraftanlage die Streckenführung geändert wurde. Ich muss einfach der roten Raute weiter folgen und lande dann tatsächlich auch in einer Stunde in Dobel. Was nur noch eine Stunde? Ich verlangsame mein Tempo, um die Wärme, frische Luft und die Natur das letzte Stück noch etwas bewusster wahrzunehmen. An der Felsformation VolzemerSteine, verweile ich etwas und klettere an den großen Sandsteinen entlang. Bis Dobel begleiten mich nun schöne Bilder und Sprüche auf dem Engelweg.


Der Weg führt aus dem Wald heraus, herrlicher Sonnenschein erwartet mich. Ich bin in Dobel angekommen, bin 25 Kilometer gewandert und bestens gelaunt. Mit der DB App erkundige ich mich nun nach Rückfahrmöglichkeiten mit dem Bus. Der nächste fährt um 17:22 h und danach erst um 19:22 h wieder. Es ist 17:18h. Ich eile durch den Ort um den Bus noch zu erreichen, zu spät. Hätte ich nur das letzte Stück nicht so getrödelt, denke ich mir. Aber egal ich habe einen Bärenhunger und werde gemütlich etwas Essen gehen. Die Pizzeria Da Napoli um die Ecke hat geschlossen. Ich laufe dem Hinweisschild Restaurant Talblick nach, komme an einer Kneipe vorbei, leider nur Ausschank. Der Wirt sagt mir das Talblick hat sonntags Ruhetag, aber auf der Hauptstraße gibt es die Linde und die Residenz. Also wieder zurück, so langsam werde ich doch müde und es kommt leichte Ungeduld auf, was wohl dem Hunger geschuldet ist. Die Linde macht Urlaub, aber ich sehe schon die Residenz. Geschlossen steht am Eingang, aber davor sitzen Gäste und die Seitentür ist offen. Ich trete ein, es sind vereinzelt Tische belegt, ich will Platz nehmen, da kommt die Kellnerin auf mich zu gestürmt, „heute nicht mehr, heute war so viel los, wir nehmen niemanden mehr an.“ Wie bitte ? Sie schmeißt mich tatsächlich wieder hinaus. Draußen spreche ich zwei Frauen an, ob ich denn hier nirgendwo etwas zum Essen bekommen könne, „doch doch“  sie zählen, die mir bereits bekannten Lokalitäten auf. Gegenüber ist ein Bistro, da gibt es auch eine kleine Karte. Naja, für meinen großen Hunger wird’s es wohl nicht reichen, aber besser als nichts. Aber auch hier ist die kleine Karte bereits geplündert, es stehen noch zwei Stücke Käsekuchen zum Verkauf. Also setzt sich mein Abendmenü aus zwei Stückchen schlechtem Kuchen (niemand backt so guten Käsekuchen, als meine Frau), einem Kaffee und einem Radler zusammen, sowie intensiver Schlagerbeschallung. Der beste Eindruck von Dobel, der mir bleibt ist, dass der Bus dann pünktlich kommt, immerhin. Allerdings führte nun die Busroute nicht an meinen Ausgangspunkt in Pforzheim, sondern ich muss in der Stadtmitte aussteigen und noch zwei Kilometer bei Dunkelheit zu meinem Auto laufen, um dann endlich  kurz vor 22 Uhr zu Hause anzukommen.

Alles in allem ein herrlicher Tag, mit etwas mehr Geschick, hätte ich den ersten Bus bekommen und wäre pünktlich zum Tatort zu Hause gewesen. Allerdings wäre meine Erzählung dann schon eine Seite früher geendet und ich hätte nie die vielfältige kulinarische Seite von Dobel kennengelernt.

Wenn man den ganzen Westweg bis Basel hintereinander in einer mehrtätigen Tour macht, finde ich die 1. Etappe als perfekten Einstieg. Anfangs noch begleitet von Straßengeräuschen und relativ stark frequentiert, taucht man langsam in die ruhigen Höhen des Schwarzwaldes ein.